Tierschützer zur Duldung von illegal errichtetem Hochsitz verurteilt

8.6.2004

(Pirmasens/Rheinland-Pfalz/Deutschland) Das Amtsgericht Pirmasens, namentlich Richter Schmidt, hat in seinem Urteil AZ 2 C 539/03, verkündet am 26.05.2004, die Klage einer Familie von Tierschützern gegen den örtlichen Jagdpächter, der illegal auf deren Grundstück (Plan Nr. 2299 und 2300 der Gemarkung Nünschweiler in der Kobach am Hengsberger Weg – Plauelder Wald) einen Hochsitz errichtete, auf Entfernung dieses Hochsitzes kostenpflichtig abgewiesen und der Widerklage des Jagdpächters zur zwangsweisen Duldung des Hochsitzes stattgegeben.

Richter Schmidt begründet sein Urteil schon im ersten Satz logisch sinnbefreit damit, dass die Klage nicht begründet sei, die Widerklage dagegen schon. Der Rest der Urteilsbegründung ist kaum gehaltvoller: Die Kläger seien nach §20 Landesjagdgesetz verpflichtet diese jagdlichen Einrichtungen zu dulden. Zwar läge die nach §20 Landesjagdgesetz erforderliche Zustimmung der Kläger nicht vor, doch könnten die Kläger ihr Zustimmung jedoch nur aus wichtigem Grund überhaupt nur verweigern. Eine Erklärung wozu diese Erfordernis gesetzlich vorgesehen ist, wenn diese nicht de facto nicht ergeholt werden muss, bleibt Richter Schmidt schuldig. Richter Schmidt konstatiert kategorisch die von den Klägern vorgebrachten Gründe seien nicht “wichtig” und in Folge dessen seien diese nicht berechtigt ihre Zustimmung zu verweigern, sondern müssten die Einrichtung dieser Anlagen dulden.

Weiter behauptet Amtsrichter Schmidt in seiner Urteilsbegründung, dass der Hochsitz die Kläger “von der Lage her” überhaupt nicht stören würde. Da das Grundstück derzeit von den Klägern nach Richter Schmidts Ansicht derzeit nicht genutzt werde, sei eine Nutzung des Grundstücks durch den Hochsitz auch nicht beeinträchtigt. Eine Logik die vermutlich nur Richter Schmidt selbst versteht. Die Gewissensnot der Kläger könne lt. Richter Schmidt als Argument auch nicht “gehört” werden, da sie als Grundstückseigentümer der “sog. Jagdgenossenschaft” angehörten und somit nach dem Gesetz verpflichtet seien für die “ordnungsgemäße Bejagung ihres Grundstückes” Sorge zu tragen. Wenn Richter Schmidt auf dem Tierschutz-Ohr taub ist, kann er diese Argumente auch nicht gehört haben. Wie Richter Schmidt daraus allerdings schlüssig einen Zwang zur Duldung jagdlicher Einrichtungen konstruiert wird wohl auch für immer dessen Geheimnis bleiben. Eine hinreichende gesetzliche Begründung bleibt er ebenfalls schuldig.

Auch im Rahmen einer Abwägung aus grundgesetzlicher Sicht könnten den Argumenten der Kläger kein Vorzug gegeben werden, so Richter Schmidt. Die Kläger könnten die Jagd nicht generell verbieten oder verhindern, selbst wenn der Hochsitz einige Meter neben ihrem Grundstück stünde. Richter Schmidt verdreht hier absichtlich die Argumentation der Klägerseite ohne auf die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Argumente einzugehen. Die Klägerseite hatte niemals behauptet die Entfernung des Hochsitzes sei ein absoluter Schritt zur völligen Verunmöglichung der Jagd auf ihrem Grundstück. Sie sehen es jedoch als ihre ethische Pflicht an mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln die Jagd zumindest zu erschweren, wenn diese nicht direkt verboten oder verhindert werden kann. Auch aus diesem Grund war der noch genannte zweite “Vergleich” nicht akzeptabel.

Die Weigerung der Kläger dem einseitigen Ansinnen den Jagdpächters nachzugeben und ihr Grundstück diesem zu einem Schleuderpreis zu verkaufen und ihr Recht auf Eigentum zu wahren, betrachtet Richter Schmidt, der dieses Ansinnen des Jagdpächters als “Vergleich” adaptierte, ebenfalls als “Grund” zur Ablehnung der Klage. Ebenso legt Richter Schmidt die Ablehnung eines weiteren, ebenso unannehmbaren “Vergleich”svorschlages (Umsetzen des Hochsitzes, aber Entfernung der Hecke durch den Kläger) der Klägerseite als weiteren “Grund” zur Ablehnung der Klage zur Last. Die Auffassung von Richter Schmidt gerichtliche Vergleiche betreffend, ähnelt scheinbar mehr der eines einseitigen Kuhhandels oder Über-den-Tisch-Ziehens. Dass die Ablehung solcher faulen Kompromisse von der Klägerseite, dieser auch noch zum Nachteil gereicht wird, lässt an der Neutralität und Unabhängigkeit von Justizia zweifeln.

Neben der stupiden Zurückweisung bzw. einseitigen Verdrehung vorgebrachter Argumente der Tierschützer, wurden deren wichtigste Argumente von Richter Schmidt einfach ignoriert, dagegen über die Übertretungen und sittlichen Ausfälle des Beklagten großzügig hinweggesehen. Die Tatsache, dass der Hochsitz vom Beklagten illegal errichtet wurde, fand keinerlei Berücksichtigung. Jägern ist es nach Ansicht von Richter Schmidt offensichtlich erlaubt sich über Recht und Gesetz, sowie allgemeine Gepflogenheiten des sozialen Miteinander hinwegzusetzen bzw. selbst in die Hand zu nehmen und ohne zu Fragen, wie es auch gesetzlich vorgeschrieben ist, die Eigentumsrechte anderer Leute zu verletzen. Die verbalen Ausfälle des Beklagten am Ortstermin, er würde die Klägerseite am liebsten “auf den Mond zu schiessen”, konnten die offensichtlich vorgefasste Meinung von Richter Schmidt ebenfalls nicht erschüttern. Auch bei der widersprüchlichen und zum Teil nicht beweisbaren Argumentation des Beklagten drückte Richter Schmidt beide Augen zu. Der Beklagte behauptete zuerst felsenfest der Hochsitz stehe gar nicht auf dem Grundstück der Kläger – eine Tatsache die selbst Richter Schmidt nach dem Ortstermin nicht ignorieren konnte , was aber keinerlei Konsequenzen nach sich zog und lediglich als wohl oder übel nicht durch logische Taschenspielertricks bestreitbare Tatsache festgehalten wurde. Weiter behauptete der Beklagte es habe ein stillschweigende Duldung des Hochsitzes durch die Klägerseite gegeben, da dort schon lange ein Hochsitz gestanden hätte und dieser nur “erneuert” worden sei, wofür er auch Zeugen benannte; eine angesichts der geographischen Unsicherheit des Beklagten wenig glaubwürdige Behauptung, die auch von der Klägerseite bestritten wurde, was Richter Schmidt aber auch großzügig unter den Tisch fallen liess. Im Gegenteil: Richter Schmidt ergreift in seiner Urteilsbegründung sogar einseitig Partei für den Beklagten, indem er vollstes Verständnis für das zumindest anzweifelbare Argument des Beklagten zeigt: der Hochsitz “stehe recht günstig” und der Beklagte müsse mindestens zwei Hochsitze erstellen um eine Bejagung durchzuführen. Richter Schmidt war offenbar so sehr um die Bequemlichkeit des Beklagten, bei der Ausübung seines Mordhandwerkes, bedacht, dass ihm der logisch naheliegende Umkehrschluß, dass Jagdgegner genau dazu da sind, dass es Jäger eben nicht “bequem” haben, wenn sie Tiere abknallen, nicht in den Sinn kommen konnte.

Die Rechte der Kläger an Eigentum und Gewissensfreiheit haben für Richter Schmidt jedoch keinen Wert gegenüber den Feudalansprüchen des Jagdpächters. Für die moralisch-ethische Vergewaltigung, die hier stattfindet, hat Richter Schmidt keinerlei Verständnis, auch nicht für die Sachbeschädigung, die durch die Errichtung des Hochsitzes und der Anfütterungsstelle an Vegetation und Boden entstanden sind. Die auf Grundstück befindliche Hecke wurde teilweise entfernt bzw. erheblich beschädigt. An der Anfütterungsstelle entstanden durch die jagdliche Nutzung Trittschäden, was umso widersprüchlicher ist, da der Beklagte argumentierte, die Bejagung sei, wegen Schäden durch Wildschweine notwendig. Auch das Recht der Grundstückseigentümer ihr Land in ihrem Sinne tierfreundlich nutzen zu können z.B. als Weideflächen im Sinne einer Gnadenhofnutzung wurde von Richter Schmidt keinerlei Beachtung geschenkt.

Weiterhin Waidmannsheil! Ein derartiges “Urteil im Namen des Volkes” kann unter diese Umständen kaum als legitim erachtet werden, noch als Beitrag zum Rechtsfrieden. In wie fern Richter Schmidt persönlich dem Mordhandwerk des Jagens nahesteht, was eine derart tendenziöse Prozeßführung und Urteil erklären würde, ist nicht bekannt. Bei einer solche Rechtsprechung ist es jedoch nicht verwunderlich, dass sich Jäger “wie die Axt im Wald”, rüpelhaft und ohne das geringste Anzeichen von Sitte und Anstand benehmen und sich darin auch noch bestätigt fühlen dürfen. Sogar der Anwalt des Beklagten wies beim Ortstermin, als die Möglichkeit einer Versetzung erörtert wurde, seinen Klienten daraufhin, dass die Zustimmung des Eigentümers erforderlich sei. Daraufhin der Beklagte (sinngemäß): “Mit dem komm ich schon klar!” Ein Unrechtsbewusstsein hinsichtlich der illegalen Errichtung des bestehenden Hochsitzes ohne Zustimmung der Grundstückseigentümer konnte nicht festgestellt werden. Über mangelnde soziale Akzeptanz braucht sich die Jägerschaft da auch nicht wundern. Jeder normale Mensch, ob Nachbar, Schäfer, Landwirt oder einfach Mitbürger, fragt höflich um Erlaubnis wenn er gerne das Grundstück, das jemandem anderen gehört, zu nutzen gedenkt, und sei es nur um es zum Brombeeren pflücken betreten zu dürfen. Auch wird ein abschlägige Reaktion respektiert. Jäger wie der Beklagte scheinen sich aber wohl wie die Feudalherren im Mittelalter zu fühlen und tun und lassen zu können was ihnen beliebt. Die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaat scheint zweifelsohne vollkommen an diesen vorbeigegangen zu sein. Dass die Jagdgesetze weitestgehend immer noch Nazi-Gesetze zur Grundlage haben, passt in dieses vorsintflutliche Verständnis des staatlichen Zusammenlebens.

Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro als vorläufig vollstreckbar erklärt. Berufung ist möglich.

Urteilstext (zip)

Amtsgericht Pirmasens

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