Grundeigentümer Freiwild für Jäger?

30.11.2004

trou_duc (Zweibrücken/Rheinland-Pfalz/Deutschland) Das Landgericht Zweibrücken hat in seinem Urteil AZ 3 S 126/04 verkündet am 30.11.2004 das vorinstanzliche Urteil des AG Pirmasens bestätigt. Darin wird die Berufung der Kläger gegen die illegale Aufstellung eines Hochsitzes auf ihrem Wiesengrundstück durch den örtlichen Jagdpächter erneut abgewiesen und stattdessen der Gegenklage des Jagdpächters auf zwangsweise Duldung stattgegeben.

Die Begründung des Urteils durch das Landgericht unter dem Vorsitz der Präsidentin des Landgerichts, Wolf, fällt zwar üppiger aus als die der Vorinstanz, allerdings ist sie letztlich kaum gehaltvoller oder weniger einseitig und widersprüchlich (siehe detailierte Urteilskritik).

Dieses Urteil erhärtet die Vermutung, dass Richter, wie diese, scheinbar nicht den Mut und die Unabhängigkeit aufbringen ein Urteil gegen eine unrechtmässige und allen Regeln des zwischenmenschlichen Zusammenlebens missachtende, selbstherrliche Feudal-Praxis der Jäger zu fällen. Denn wie zahllose Beispiele deutschlandweit belegen scheinen sich Jäger und Jagdpächter immer noch wie die Feudalherren im Mittelalter zu fühlen, wo ihnen alles Land und Wild gehört und es dem Fußvolk gerade mal huldvoll gestattet ist, ihr Land zu nutzen, wenn der Landesherr nichts dagegen hat. Statt dieser Feudal-Praxis richterlich Einhalt zu gebieten wird versucht ein selbige sanktionierendes Urteil mit juristischen Spitzfindigkeiten zu begründen.

Welchen Sinn ein Gesetz (§20 Landesjagdgesetz), das die Einholung der Zustimmung bei Aufstellung jagdlicher Einrichtungen vorschreibt und dies verweigert werden kann, wenn eine Duldung unzumutbar ist, hat, wenn sich der Jagdpächter nicht daran halten muss, aber dem Kläger andererseits aufgrund des gleichen Gesetzes eine Zwangsduldung abgepresst werden kann, konnte auch das Landgericht nicht erklären. Alle Rechte für die Jäger? Alle Pflichten für die Eigentümer? Es heisst immer gleiches Recht für alle. Was nützt dieser wohlmeinende rechtsstaatliche Grundsatz, wenn sich die Richter nicht daran halten?

Herausragend ist die eklatante Missachtung und Nichtbeachtung der Grundrechte des Klägers in diesem Urteil. De facto bedeutet dieses Urteil – so es Bestand haben sollte – eine enteignungsgleiche Entrechtung aller Privateigentümer von nichtbefriedenten Flächen wie Wiesen, Obstgrundstücke und Gärten, denn sie haben keinerlei Einfluß was der örtliche Jagdpächter auf ihrem Grundstück treibt, da im Nachhinein immer eine zwangsweise Duldung konstruiert werden kann.

Dies sind feudale Zustände wie im Mittelalter – nur dass es damals noch keine Richter gab, die das Recht passend hinbogen. Nach diesem Urteil kann der Jagdpächter – wie in diesem Fall – ungestraft Äste absägen, Bäume abhacken, Hecken entfernen und sonstige Schäden an Boden, Fauna und Flora anrichten, ohne den Grundstückseigentümer ohne auch nur um Erlaubnis fragen zu müssen. Im vorliegenden Fall hat der beklagte Jagdpächter sich nicht einmal informiert auf wessen Grundstück er den Hochsitz errichtete und bestritt bis zu letzt die Eigentumsverhältnisse der Kläger hinsichtlich des betreffenden Grundstücks. Ebenso versuchte er mit haltlosen Behauptungen zu belegen in quasi gutem Glauben gehandelt zu haben wie z.B. es sei schon vorher ein Hochsitz dort gewesen, der nur erneuert worden sei, ja er bestritt sogar dass der Hochsitz überhaupt auf dem Grundstück der Kläger stehen würde. Diese Tatsachen obwohl schriftlich vorliegend und evident wurden auch von Richterin Wolf und ihren Beisitzern einseitig ignoriert.

Auch hinsichtlich der “Zumutbarkeit” vertritt das Landgericht eine ebenso einseitige Rechtsauffassung wonach dem beklagten Jagdpächter nichts, aber dem Kläger alles zugemutet werden kann, ungeachtet seiner ethischen Überzeugungen und grundgesetzlich verbrieften Eigentumsrechte und Gewissensfreiheit. Im vorinstanzlichen Urteil wurden letztere noch ohne Begründung vom Tisch gewischt. Die Kammer des Landgerichts setzt in seinem Urteil noch eins drauf indem eine Berücksichtigung der Grundrechte des Klägers vorgegeben wird, aber faktisch nicht stattfindet und stattdessen mit Ablenkungsmanövern und rethorischen Tricks drumherum laviert wird.

Ebenfalls fragwürdig ist die “Verhandlung”sführung des Landgerichtes bzw. das Nichtvorhandensein selbiger. So machte es sich die Sache einfach und beurteilte rein nach Aktenlage (und dies nicht einmal umfassend) und “Vorarbeit” des Amtsgerichtes ohne eingehende, unabhängig Beurteilung des Sachverhaltes. Auch wurde kein erneuter Vergleichsversuch unternommen. Stattdessen trug die Vorsitzende Richterin Wolf lediglich das bereits gefasste “Vorurteil” des Gerichts vor, ohne einen Zweifel an dessen Richtigkeit zuzulassen. Rein nach Aktenlage wurde abgeurteilt. Von ergebnisoffener, fairer Verhandlung kann in diesem Zusammenhang kaum mehr die Rede sein.

Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen wurde Revision zugelassen. Wie die Vorsitzende Richterin schon zu Beginn der “Verhandlung” feststellte, gäbe es dafür kein Grundsatzurteil. Dies lässt sich auch so interpretieren mit dem Urteil sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen und dieses “heisse Eisen” in die Revision ans BGH zu schieben. Eine Revision ist angesichts der eklatanten Fehler in der Urteilsbegründung dringend angeraten

Weiterhin Waidmannsheil!

Urteilstext
Landgericht Zweibrücken

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